Kranzniederlegung im Rahmen der „100 Jahr-Feierlichkeiten Coburger Turngau“
23.10.2022 von 13:00 bis 14:00 Uhr im Coburger Hofgarten am Reiterdenkmal
Coburg - Der „Coburger Turngau“ feiert in diesem Jahr sein 100.tes Gründungsjahr. Übers Jahr verteilt wurden verschiedenste Aktivitäten in diesem Sinn durchgeführt.
Eine ganz besondere Aktivität, nicht weil es fast die letzte ist, war die Kranzniederlegung am Ehrenmal von Herzog Ernst II. Ohne den Mann, gebe es Coburg als Turnerstadt so nicht, eher vielleicht gar nicht, so der Vorsitzende des Turngaus Jahn, in seinen Ausführungen dazu. Der Turngau gedenkt einem Menschen, der durch Weitsicht und Anteilnahme das Deutsche Turnen wesentlich beeinflusste, Herzog Ernst den II. in Anwesenheit von Seiner Hoheit Prinz Andreas von Sachsen-Coburg und Gotha. Doch wie fing es damals an…
„Der Ruf zur Sammlung“
Im März 1860 erging von zwei schwäbischen Turnern, dem Stuttgarter Kaufmann Kallenberg und dem Esslinger Rechtsanwalt Georgii der berühmte „Ruf zur Sammlung“, ein Aufruf zu einem „allgemeinen deutschen Turn- und Jugendfest“.
Im „Ruf zur Sammlung“ wurde neben Leipzig und Eisenach auch Coburg als möglicher Festort genannt. Kaum bekannt ersuchten und erhielten die Coburger Turner von Herzog Ernst II. die Genehmigung zur Abhaltung eines „Allgemeinen Turn- und Jugendfestes“. Die Botschaft, „dass der Herzog nicht bloß kein Hindernis in den Weg lege, sondern volle Teilnahme zeige, dass die Stadtbehörden einverstanden und bei der Bürgerschaft deutsche Herzen gefunden seien, …“ wurde mit großer Freude aufgenommen.
Theodor Georgii veranlasste seinerseits die spontane Zustimmung zur Abhaltung des Turnfestes durch die Coburger zu den Worten: „…so ziemlich in der Mitte von Deutschland gelegen, hat es einen Fürsten, den Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha, der schon mehrfach bewiesen, dass ihm des Vaterlandes Wohl, die Förderung deutschen Wesens am Herzen liege und von dem sich erwarten ließ, er werde sein Land Deutschlands Turnern nicht verschließen. Der Turnverein zu Coburg ergriff die ihm und seiner Stadt gebotene Ehre mit freudigem Eifer.“
Und so fand das Turnfest in Coburg statt vom 16. bis zum 18. Juni 1860. Die Zahlenangaben über die Teilnehmer in Coburg schwanken zwischen 970 und 1300. Eingebunden in das Coburger Turnfest war auch der „Erste Deutsche Turntag“ in der herzoglichen Reithalle am Schlossplatz, aus Angst vor politischen Ressentiments wurde einer Gründung zum Deutschen Turnerbund nicht zugestimmt. Des Weiteren gab es einen Festzug, Schauturnen, Turnfahrten, viel Begeisterung und heiße Diskussionen über die einzuschlagenden turnerischen und politischen Wege.
1860 bestand Deutschland aus 31 Fürstentümern und vier Reichsstädten. Aus 139 Gemeinden und Städten kamen die Turner, die 53 Fahnen über viele Landesgrenzen bringen mussten. Von den 253 Turnvereinen, die sich nach der Aufhebung der Turnsperre 1842 wieder gebildet hatten, nahmen über 100 die Beschwernisse vor allem auch einer teilweise bis zu 700 km langen Anreise auf sich, um in Coburg dabei zu sein. Die Coburger mit ihrem Herzog Ernst II. machten das Fest der Turner zu ihrem Fest. Mit Stolz bezeichnet sich Coburg heute noch als „Stadt der Turner“ und wird als solche bundesweit akzeptiert.
Das Coburger Turnfest stellte eine entscheidende Wende dar: Von 1860 an nahmen die Turnvereins-Gründungen wieder rasch zu, so dass allein bis 1862 über 1000 Turnvereine neu entstanden sind. Und heute sind 4.684.888 Menschen Mitglied im DTB, davon 853.000 im BTV und 10.000 im Turngau Coburg-Frankenwald. In diese Zeit fallen auch die Gründungen der folgenden heimischen Vereine: TSV (Bad) Rodach 1860, TSV Tettau 1860, Coburger Turnerschaft 1861, Turnerschaft Kronach 1861, TSV Küps 1862, TSV Sonnefeld 1862. Noch vor der Jahrhundertwende werden innerhalb des heutigen Turngaues Coburg-Frankenwald auch diese Vereine gegründet: TV Weidhausen 1863, TV Ottowind 1869, TSV Elsa 1872, TSV Grub a.F. 1883, TV Mitwitz 1889, TSV Stockheim 1889, TSV Weitramsdorf 1889, TSV Unterlauter 1891 und der TV Coburg-Neuses 1894.
Nachdem das Coburger Turnfest eine so große Resonanz in der Turnerschaft gefunden hatte, kamen die Turner bereits 1861 zum 2. Deutschen Turnfest in Berlin zusammen, um der fünfzigjährigen Wiederkehr der Eröffnung des Jahn’schen Turnplatzes auf der Hasenheide zu gedenken.
Coburg darf sich also rühmen, dass mit dem Ersten Deutschen Turn- und Jugendfest vom Juni 1860 das Zählen der Turnfeste begann.
Die Turner vom Turnverein 1848 Coburg waren damals die Bittsteller, Herzog Ernst II kam dieser mit seiner weitsichtigen Genehmigung nach. Der Turngau ehrt mit dieser Kranzniederlegung das Gedenken an Herzog Ernst II.
Von links nach rechts: vorne Beatrix Hess, Steffen Reuß, Klaus Weiß, Helmut Liebkopf aktuelle und ehemalige Vorstandsmitglieder im Turngau, Oberbürgermeister Dominik Sauerteig, Christine Busch, Hartmut Jahn, Schirmherr und Landrat Sebastian Straubel, Prinz Andreas von Sachsen-Coburg und Gotha, Thomas Lessig, Assistent seiner Hoheit. Im Hintergrund Fahnenträger des Turngaus.
Text: Hartmut Jahn, Ernst Weitl
Fotos: Sonja Seufferth